Am 01.01.2002 trat das Gewaltschutzgesetz in Kraft. Dieses Gesetz schreibt fest,
dass im Fall von häuslicher Gewalt bei bestehender Wiederholungsgefahr der
Verletzung von Körper, Gesundheit und Freiheit die Polizei den Täter* für zehn Tage
aus der Wohnung verweisen kann. Die Wegweisung kann nach Ablauf der zehn
Tage verlängert werden. Beim Verstoß gegen die Weisung macht sich der Täter*
strafbar. Mithilfe dieses Gesetzes können Frauen* und Kinder wirkungsvoller als
bisher vor psychischer und physischer Gewalt geschützt werden. So muss die Frau*
das häusliche Umfeld nicht mehr verlassen, wenn sie sich vor der Gewalt schützen
will, was mehr Stabilität für sie in einer solchen Notsituation bedeutet. In dieser Zeit
können sich die Betroffenen Unterstützung von Fachberatungsstellen wie agisra
holen.

Durch das Gewaltschutzgesetz ist die Zahl der Fälle, in denen Frauen* Männer*
wegen häuslicher Gewalt anzeigen, in NRW deutlich angestiegen. Auch bei
Vergewaltigungstaten konnte eine Verlagerung vom Fremdtäter* zum
Beziehungstäter* festgestellt werden. Das heißt nicht, dass es heute mehr Gewalt
gegen Frauen* gibt, sondern dass diese sichtbarer wird und sich mehr Frauen*
dagegen wehren. Eine weitere Verbesserung für die Betroffenen zeigt sich in einer
Weisung der Jugendämter, in der eine deutliche Tendenz in bisher umstrittenen
Fällen erkennbar ist: Häusliche Gewalt soll nun auch als Kindeswohlgefährdung
beurteilt werden, da die Auswirkungen auf Minderjährige als Gefährdung bzw.
Schädigung angesehen wird. So kann nun beispielsweise die Besuchsregelung bis
zur Klärung der Situation ausgesetzt werden, was einen größeren Schutz für die
Betroffenen bedeutet.

Neben diesen konkreten Verbesserungen für die betroffenen Frauen* wurde mit dem
Gesetz auch auf der politischen Ebene ein wichtiger Schritt getan:

Häusliche Gewalt wird seitdem als Straftatbestand eingeordnet und ist damit keine
„Privatsache“ mehr.

Zuvor haben wir oftmals erlebt, dass Frauen*, die wir zur
Polizei begleiteten, dort mit der Begründung abgewiesen wurden, die Polizei könne
und würde nichts machen, da es sich um eine private Angelegenheit handele. Jetzt
hat die Polizei jedoch die Pflicht einzugreifen, häusliche Gewalt wird als eine
Angelegenheit „öffentlichen Interesses“ betrachtet. Trotzdem wird die Tragweite und
Ernsthaftigkeit dieser Form der Gewalt gesellschaftlich häufig nicht anerkannt.

Trotz der positiven gesetzlichen Veränderung besteht weiterhin gerade für
Migrantinnen* das Problem, dass ihnen von Seiten der Beamt*innen bei
Sprachschwierigkeiten oft wenig Sensibilität und Verständnis entgegengebracht
wird. Dadurch ist es für Migrantinnen* zum einen schwieriger, angemessene
Unterstützung zu erhalten. Zum anderen müssen sie beispielsweise auch damit
rechnen, dass bei polizeilichen Einsätzen der Täter* gleichzeitig als Dolmetscher
herangezogen wird.

Jede Frau* hat ein Recht auf Schutz vor Gewalt,
unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus und ihren Sprachkenntnissen!